26.11.2024
1.374 - das ist die Zahl der Frauen und Mädchen, die im Jahr 2023 den Mut hatten, unsere Rostocker Hilfeeinrichtungen gegen häusliche oder sexualisierte Gewalt aufgesucht. Das sind 284 Betroffene mehr als im Jahr 2022.
Wir entzünden Lichter für diese Frauen und Mädchen – um ihnen und allen anderen Betroffenen zu zeigen, dass sie nicht allein sind. Um sie zu ermutigen, ihren Weg in ein
gewaltfreies, selbstbestimmtes Leben weiterzugehen. Um zu zeigen, dass wir auch weiterhin für sie da sind – gegen häusliche Gewalt, gegen sexualisierte Gewalt. Anlässlich des Internationalen Tages gegen Gewalt an Frauen alljährlich am 25. November haben wir uns am Folgetag zu dieser sehr eindringlichen Aktion versammelt und dazu aufgerufen, gesamtgesellschaftlich entschiedener gegen häusliche und/ oder sexualisierte Gewalt aufzutreten. Hier ist jede einzelne, jeder einzelne gefragt, die eigene Haltung und die Haltung des engen Umfeldes zu Gewalt zu prüfen. Denn in den meisten aller Fälle passieren häusliche oder sexualisierte Gewalt nicht irgendwo und nicht durch fremde Personen. Gewalt wird in der Familie und im Freundeskreis ausgeübt, sie passiert im sogenannten sozialen Nahfeld – unter aller Augen. Deshalb beginnt hier auch Prävention: Sieh hin, hör zu, sag etwas! Wenn wir Gewalt nicht akzeptieren, dann fällt es auch Täter*innen schwerer, gewalttätig zu werden. Die Tatpersonen können sich gegen Gewalt entscheiden - niemand muss zum Täter, zur Täterin werden.
Um dieses gesellschaftliche Klima zu verändern, um Betroffene besser zu schützen und vor allem allen Hilfesuchenden gerecht werden zu können, muss endlich gehandelt werden. Deshalb:
Unsere Forderung 2024
- Wir fordern endlich die personelle und finanzielle Aufstockung des Hilfenetzes gegen häusliche und/ oder sexualisierte Gewalt in Mecklenburg-Vorpommern!
- Wir fordern bundesweit die Verabschiedung des lange geplanten und diskutierten Gewalthilfegesetzes!
Wir rufen auf Bundesebene die Abgeordneten aller demokratischen Parteien auf, sich dazu fraktionsübergreifend zu verständigen, um das Gesetz noch vor den Neuwahlen im Februar 2025 im Bundestag zu verabschieden. Auch auf Landesebene rufen wir die Abgeordneten aller demokratischen Parteien auf, fraktionsübergreifend im Parlament den Weg freizumachen für eine auskömmliche Finanzierung des Hilfenetzes gegen häusliche und/ oder sexualisierte Gewalt zu. Dazu sind jetzt Haushaltsänderungen für die kommenden Jahre zwingend notwendig.
Hintergrund
In ganz Mecklenburg-Vorpommern gab es im Jahr 2023 5.961 Fälle bei erwachsenen Personen sowie 4.355 Kinder und Jugendliche (vgl. 2022: 4.846/2021: 3760), die mit häuslicher Gewalt, sexualisierter Gewalt oder mit Menschenhandel oder Zwangsprostitution konfrontiert waren.
Dies ist eine enorme Anzahl von Hilfesuchenden, die Unterstützung erhalten haben. Trotz des Umstandes, dass drei Einrichtungen in MV im Jahr 2023 nicht oder nur in Teilen tätig waren, stieg die Zahl der dokumentierten Hilfesuchenden um knapp 10 Prozent. Dies lässt eine weitere Steigerung der Arbeitsbelastung für die Einrichtungen des Hilfenetzes vermuten.
Die Gewaltberatungsstellen konnten zudem 203 Tatpersonen Beratung hinsichtlich einer langfristigen Verhaltensveränderung anbieten und so elementare präventive Arbeit leisten.
Im Jahr 2022 erhielten noch 5.409 Menschen Schutz und Unterstützung durch das Beratungs- und Hilfenetz in Mecklenburg-Vorpommern (vgl. 2021: 4.553). Tendenziell ist hier ein Zuwachs von Betroffenen, die Schutz und Beratung suchen, zu bemerken.
Von den 5.961 Betroffenen waren 5.313 Frauen, 616 Männer. Die Fälle reichen von Beleidigungen, Einschüchterungen und Bedrohungen über physische und sexuelle Misshandlungen bis hin zu Vergewaltigungen.
Am 25. November 1981 erklärten lateinamerikanische und karibische Feministinnen diesen Tag zum Gedenktag Keine Gewalt gegen Frauen - Dia Internacional de la No Violencia Contra la Mujer. Sie erinnerten damit an die Schwestern Mirabal. Patria, Minerva und Maria Teresa waren Mitglieder der „Movimiento Revolucionario 14 de Junio“ in der Dominikanischen Republik. Die drei Schwestern wurden 1960 durch Militärangehörige des damaligenDiktators Rafael Trujillo verschleppt und schließlich ermordet. Sie waren 36, 34, und 25 Jahre alt. Seitdem demonstrieren Frauen und ihre Unterstützer*innen in der ganzen Welt alljährlich zum 25. November. Sie fordern die Einhaltung der Menschenrechte und ein Ende der Gewalt gegenüber Frauen und Mädchen. Dabei geht es um häusliche oder sexualisierte Gewalt, Zwangsprostitution, Sextourismus, Vergewaltigung, Beschneidung von Frauen,Zwangsheirat, vorgeburtliche Geschlechtsselektion, weibliche Armut, Femizid – oft eng verbunden mit lokalen oder regionalen Geschehnissen. 1999 griffen die Vereinten Nationen in ihrer Resolution 54/134 diese Idee auf und erklärten den 25. November offiziell zum Internationalen Tag gegen Gewalt an Frauen. Ein Ende der Gewalt ist bisher nicht absehbar.
Gleichzeitig finden sich immer mehr Menschen, um mit Aktionen und Veranstaltungen ein Ende der Gewalt zu fordern – weltweit. Und weil es so viele Veranstaltungen sind, werden daraus Anti-Gewalt-Woche(n), die sich bis zum 10. Dezember, dem Tag der Menschenrechte erstrecken.