16.04.2020
Mitarbeiterinnen des Rostocker Frauenhauses melden sich zu Wort
Die Gewalt zuhause und in der Partner*innenschaft war schon vor Corona da. Aber jetzt können Betroffene sich noch schlechter vor ihr schützen. Frauen haben durch die andauernde Anwesenheit ihrer Partner*innen und durch den Wegfall vieler Sozialkontakte keine Gelegenheit, sich Hilfe zu organisieren. Umso wichtiger ist es, aufeinander aufzupassen. Gewalt ist keine Privatsache. Das kann jede und jeder:
- in Kontakt bleiben
- aufmerksam sein
- Hilfe rufen
- den Konflikt unterbrechen, ohne sich selbst in Gefahr zu bringen
Noch ist die Zahl der Betroffenen, die in unserer Einrichtung Schutz suchen, nicht gestiegen. Trotzdem ist das Rostocker Frauenhaus wie immer fast voll belegt - zu jeder Zeit suchen hier viele Frauen und Kinder Schutz. Derzeit häufen sich die Nachfragen, ob die Mitarbeiter*innen unseres Vereins beobachten, dass häusliche Gewalt durch die Einschränkungen hinsichtlich Corona gestiegen sei.
Prof. Anja Pannewitz von der Leipziger Hochschule für Technik, Wirtschaft und Kultur, HWTK, hat das in einem Interview für die Leipziger Internet Zeitung treffend beantwortet. "Dahinter steckt die Vermutung, dass Menschen, die wenig Raum zur Verfügung haben, automatisch gewalttätiger sind. In unserer Forschung haben wir das untersucht. Aber weder wir noch andere Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler oder Beratungs- und Hilfestellen können das bisher bestätigen. Enger Raum ist nicht die Ursache für das Entstehen von häuslicher Gewalt. Sie ist ein Querschnittsproblem unserer Gesellschaft und ist immer mit hierarchischen Geschlechterverhältnissen verknüpft. Gewalt ist kein Armutsphänomen; auch in riesigen Vorstadthäusern oder in gut betuchten Milieus kommt es ganz regulär zu häuslicher Gewalt.", erläutert die Sozialarbeitswissenschaftlerin. Häusliche Gewalt habe immer mehrere Ursachen, zum Beispiel Macht- oder Abhängigkeitsverhältnisse in Partnerschaft oder Familie. Oder die Familienmitglieder hätten nicht gelernt, Konflikte auf sprachlicher Ebene und gewaltfrei zu lösen. (aus: Leipziger Internetzeitung, 9.04.2020).
In genau solchen Situationen sind Mitarbeiterinnen des Frauenhauses, der Interventionsstelle gegen häusliche Gewalt und Stalking und die Fachberatungsstelle gegen sexualisierte Gewalt telefonisch erreichbar - auch jetzt.