23.04.2021

 

Die Interventionsstelle gegen häusliche Gewalt und Stalking Stralsund beriet 2020 mehr Betroffene häuslicher Gewalt als 2019. Die Fallzahlen stiegen von 523 auf 577, erklärt die Leiterin der Einrichtung, Anne Leddin. Der Landkreis Vorpommern-Rügen ist damit der einzige in Mecklenburg-Vorpommern, alle anderen verzeichneten leichte Rückgänge.

So war es der Statistik des Beratungs- und Hilfenetzes in Mecklenburg-Vorpommern für 2020 zu entnehmen, die Sozialministerin Stefanie Drese, SPD, am 21. April 2021 vorgestellt hatte.

Anne Leddin betont, dass es sich hierbei nur um das Hellfeld häuslicher Gewalt handele, also um die Zahlen jener Menschen, die häusliche Gewalt erfahren und Unterstützung durch das Hilfenetz erhalten haben. Der Anstieg der Beratungszahlen in Vorpommern-Rügen decke sich mit der Kriminalstatistik der Polizei für das Jahr 2020 (veröffentlicht am 30.03.2021), die für den Landkreis Vorpommern-Rügen ebenfalls einen Anstieg von Körperverletzungsdelikten in Partnerschaften und Familien aufzeige.

Für Mecklenburg-Vorpommern insgesamt weist die jährliche Statistik der fünf Interventionsstellen des Landes, die Betroffene von häuslicher Gewalt und Stalking beraten, für 2020 erstmals einen leichten Rückgang der ansonsten seit vielen Jahren stetig steigenden Zahlen aus.

Dieser landesweite Rückgang, so Inge Höcker, Juristin und Beraterin in der Stralsunder Interventionsstelle, erkläre sich eventuell durch veränderte Verfahrensweisen nach der Neufassung des Sicherheits- und Ordnungsgesetzes in Mecklenburg-Vorpommern (SOG) im vergangenen Jahr, das anfangs zu Unsicherheiten in der vorher reibungslos laufenden Zusammenarbeit zwischen Polizei und Interventionsstellen im Land geführt habe. Wenn die Polizei zu Fällen häuslicher Gewalt gerufen wird, informiert sie nach Einsätzen die zuständigen Interventionsstellen gegen häusliche Gewalt und Stalking, deren Berater*innen den Betroffenen und ihren Kindern zeitnah Hilfe und Unterstützung anbieten. Die Verfahrensweisen wurden in der Neufassung des SOG zugunsten des Datenschutzes verändert.

„Im Landkreis Vorpommern-Rügen,“ erläutert Inge Höcker, „kamen allerdings im Vorjahr sehr viel mehr Menschen auf eigene Initiative zu uns in die Interventionsstelle, um sich Hilfe zu suchen. 2019 waren das 72 Personen, 2020 schon 114.“ Ein Anstieg also, obwohl die Kontaktaufnahme aufgrund der Corona-Einschränkungen für viele Menschen noch viel schwerer gewesen sei als ohnehin schon. „Wir vermuten, dass aufgrund der vielen Zeit, die Menschen in ihren Wohnungen miteinander verbracht haben – oft in ungewohnter räumlicher Nähe und Enge und ohne Ausweichmöglichkeiten, es zu noch weitaus mehr Gewaltausbrüchen gekommen ist und das Dunkelfeld im Vergleich zu den Vorjahren stark gewachsen ist. Wenn Sie selbst Gewalt erleben oder ahnen, dass Menschen in Ihrem Umfeld von Gewalt betroffen sind – rufen Sie uns an. Gemeinsam finden wir einen Weg, der ein Leben ohne Gewalt möglich macht.“

Auch unter den Pandemiebedingungen arbeiten sämtliche Beratungsstellen des Hilfenetzes gegen häusliche und sexualisierte Gewalt und sind für Hilfesuchende erreichbar.

Beratungsstellen für den Landkreis Vorpommern- Rügen
Interventionsstelle gegen häusliche Gewalt und Stalking 03831 30 77 50
BeLa (Beratung und Begleitung für Betroffene von häuslicher Gewalt in Vorpommern)
0176 747 08 335
Beratungsstelle für Betroffene von häuslicher Gewalt Rügen 03838 20 17 93
Frauenschutzhaus Stralsund 03831 29 28 31
Frauenschutzhaus Ribnitz- Damgarten 03821 72 03 66
MISS Beratungsstelle für Betroffene von sexualisierter Gewalt 03831 66 79 363

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